In “suân ซ่วน” von Nguyễn + Transitory wird eine Klanginstallation durch Berührung lebendig. Die Performance verbindet alte Tänze und Musik aus Isan (Thailand) mit Elektronik und zeigt, wie Vergangenheit, Nähe und Vertrauen neue Kraft geben können.
Nguyễn + Transitory bewegen sich in den Grenzbereichen von Klang, Performance und Installation. In ihrer Performance wird eine kontaktempfindliche Klanginstallation zur Mitspielerin, deren Klänge die Performer*innen und Live-Musiker*innen durch jede Berührung und Verbindung von Haut und Kupfer verändern. Das Projekt verbindet traditionelle Volkstänze und Instrumente aus Isan mit elektronischen Texturen, queert Traditionen und schafft Dialoge zwischen Altem und Neuem. “suân ซ่วน” erkundet, wie die Vergangenheit im Jetzt verweilt und sich transformiert. Dabei werden die Themen Abhängigkeit, Verletzlichkeit, Nähe und Vertrauen verhandelt und Formen des kollektiven Widerstands erforscht.
www.nguyentransitory.com
Tickets
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Artist's Note von Nguyễn + Transitory
Unsere Untersuchung begann mit thailändischen Performance-Traditionen – nicht als starre Kategorien, sondern als Praktiken, die durch Geschichte, Macht und die Menschen, die sie tragen, geformt sind. Am einen Ende verkörpert Khon das Gewicht institutioneller Tradition: ein Tanz-Drama, einst auf königliche Höfe beschränkt, heute als nationales Kulturerbe bewahrt. Sein Aufbau ist präzise, seine Erzählungen kodifiziert, seine Performer*innen werden nahezu rituell diszipliniert ausgebildet. Doch selbst innerhalb dieser Grenzen testen Künstler*innen die Grenzen – gestalten Bewegungen neu, biegen Formen leicht – während der Rahmen selten gebrochen wird.
Anderswo, insbesondere in Nord- und Nordosten, folgen volkstümliche traditionelle Tänze anderen Rhythmen und erzählen Geschichten, die ebenso historisch wie zeitgenössisch sind. Sie sind weniger konservativ und passen sich an, indem sie neue Geschichten, Gesten und Einflüsse aufnehmen, ohne ihre Wurzeln zu verlieren. Das heißt nicht, dass sie keine Strukturen hätten, vielmehr leben ihre Strukturen: Eine Melodie dehnt sich, um moderne Instrumentierung einzufügen (z. B. der Phin und die Khene in zeitgenössischer Popmusik); eine Choreografie biegt sich, um Gefühl zu zeigen statt Epik. Das Ergebnis ist eine lebendige Tradition, die sich weiterentwickelt, weil sie es muss – nicht trotz, sondern durch die Tradition.
Dieser Unterschied ist nicht nur ästhetisch. Er reflektiert, wer das kulturelle Gedächtnis kontrolliert. Khon, poliert und institutionalisiert, spricht oft für (und zum) Staat. Volksformen, verteilt und dezentral, sprechen von den Rändern – ermöglichen es Performer*innen aus Khon Kaen, heutige Spannungen in alte Muster einzuflechten. Unsere Forschung bewegt sich an diesen Rändern, wo Tradition nicht bewahrt, sondern praktiziert wird – weniger Monument als dialogische Praxis.
— Nguyên + Transitory