EB: Wie sind Sie den Transfer von einer folkloristischen auf eine zeitgenössische Tanzbühne angegangen?
AQ: Als Erstes haben wir versucht, einige der formalen Aspekte zu verstehen: die schon erwähnte Frontalität, die Klarheit und die vertikale Perspektive. Diese Aspekte haben wir als Rahmen genutzt und zum Ausgangspunkt gemacht; mit ihrer Hilfe haben wir uns den geschulten Körpern unser Tänzer*innen genähert. Später haben wir dann die Prinzipien des Flamencotanzes unter die Lupe genommen: der Gebrauch von Spiralen, von Bewegungsendungen, Isolation, Dynamik – dann haben wir diese Elemente in unseren improvisierten Tanz integriert. Wir übersetzen diese Intensität also in körperliche Aufgaben und verbanden sie mit bereits existierender Flamencomusik. Das Ergebnis, das wir erreichen wollten, waren die Intensität und Klarheit des Flamencos, jedoch übersetzt in einen weniger klar erkennbaren Körper.
Es war eine Herausforderung, sich mit einem so klar erkennbaren Genre auseinanderzusetzen und es mit ausreichend Distanz und Respekt zu behandeln, um auf der einen Seite nicht vorzugeben, sich darüber lustig zu machen und auf der anderen Seite nicht lächerlich auszusehen bei dem Versuch, etwas zu machen, das wir nicht können oder jemand zu sein, der*die wir nicht sind. Der Flamenco ist nicht Teil unserer Kultur, wir kommen nicht aus Südspanien. So haben wir ihn auf unsere eigene Weise verstanden und ich habe akzeptiert, dass dies der einzige Weg ist, sich dem Flamenco zu nähern.
EB: Im Gegensatz zu den meisten Flamencoaufführungen sind die zwei Tänzer*innen während Ihrer Performance dem Publikum sehr nah. Warum?
AQ: Die Tänze und Gesänge des Flamencos haben ihren Ursprung in Familienfesten, später wurden sie dann auf kleinen Bühnen in Cafés aufgeführt. Nähe und Intimität waren wichtige Elemente. Sie ähneln auf eine Weise den Arbeitsphasen von uns Künstler*innen, wenn wir im Studio sind und proben. Oft verbringen wir Monate auf engem Raum, nehmen jedes Detail war, eine Veränderung des Blickes, den Geruch und die Geräusche des Körpers. Später passiert es oft, dass wir die Tänzer*innen zu stark von den Zuschauenden trennen, so dass viele Details zu klein werden und verloren gehen. Wir wollten diese Nähe wieder herstellen und dem Publikum eine sehr private Erfahrung bieten. Das hieß jedoch auch, dass wir uns selbst verändern mussten. Wir begrenzten den uns zum Tanz zur Verfügung stehenden Raum, um unsere Erfahrung zu verdichten und so unsere Reise auf der Bühne bewusst zu beeinflussen. Das Publikum, das sich auf allen vier Seiten der Bühne befindet, zwingt uns, uns jeden Blickwinkel unseres Tanzens bewusst zu machen. Dank der Spiralen, die wir hier drehen, wird der Raum kompakt und endlos zugleich.