Tanzschreiber Review

Piece for Person And Ghetto Blaster

Review: Beatrix Joyce und Alexandra Hennig

Welche der vielen Geschichten, die Nicola Gunn erzählt hat, ist Dir in Erinnerung geblieben?

Natürlich diese eine skurrile Geschichte, auf die sie immer wieder zurück kommt und aus der sich weitere Erzählstränge entspinnen. Nicola Gunn hat es perfektioniert, auf unterhaltsame Weise den Faden zu verlieren, aber das Déjà-vu bleibt: Eine Frau joggt in einer belgischen Kleinstadt an einem Kanal entlang. Dort beobachtet sie zufällig einen Mann, der im Beisein seiner zwei Kinder Steine auf eine bewegungslose Ente wirft. Aus dem Dilemma, eingreifen zu wollen und sich gleichzeitig keine angemessene Reaktion vorstellen zu können („Was würde Marina Abramovic tun“?), ergibt sich die Dynamik der Performance: Empörung, Ohnmacht, Gewalt - nur mit Ironie zu genießen.

Kannst Du Dich an einen Moment erinnern, der Dich berührt hat?

Eine Nebenerzählung galt den Kindern des Mannes, die der Szene beiwohnen (von denen nicht klar ist, wie sie sich eigentlich verhalten - haben sie Freude an der Zerstörungswut ihres Vaters? Tut er es um ihrer Belustigung willen - sind Kinder grausam?). Das waren auch immer Momente, in denen ich Spaß daran hatte, die These zuzulassen, dass sich das alles eventuell TATSÄCHLICH zugetragen haben könnte.

War es wichtig, zu unterscheiden, was "wirklich passiert ist" und was Fiktion war?

Nein, eigentlich nicht. Es war natürlich klar, dass diese Geschichte choreografierte Fiktion - eine bis ins Kleinste ausgetüftelte Verschränkung von Text und Sprache - gewesen ist. Aber manche Geschichten sind wiederum zu absurd, um erfunden zu sein.

Was war Deiner Meinung nach der Zusammenhang zwischen Bewegung und Text?

Ich hatte den Eindruck, als wären die beiden Stränge unabhängig voneinander komponiert worden. Als sei die Performerin in der Lage, ein Multi-Instrument zu spielen: Mimik, Gestik, Sprache und Bewegung unabhängig voneinander zu jonglieren. Das hat eine Qualität, aber gleichzeitig hat es sich für mich auch relativ schnell erschöpft - die Bewegungen sind immer mehr hinter der Story zurückgetreten.

Inwiefern hat Dich das Stück überrascht?

Ich muss zugeben, ich hab die ganze Zeit noch auf eine “tiefere” Wahrheit gewartet, irgendeine philosophische Meta-Ebene (in Form einer Offenbarung über die Unzulänglichkeit der Menschheit vielleicht!?) ODER hätte noch am ehesten damit gerechnet, dass sich das Ganze nochmal dreht, tief traurig oder so richtig verstörend wird…Der Clue am Ende – Nicola Gunns Auftritt als Ente – war schon überraschend, obwohl ich mir dann irgendwie noch gewünscht hätte, dass sie auch noch zur steinewerfenden Cholerikerin wird - was natürlich too much gewesen wäre ;)

Danke Dir! PS: Mir ist gerade aufgefallen, dass dein Symbol auf meinem Google Drive eine Gans ist! Und wir sprechen über Enten, schon lustig!