Tanz & Ökologie vernetzen

An drei unterschiedlichen Terminen präsentiert Tanz im August die Ergebnisse des Open Calls “Tanz & Ökologie vernetzen”, bei dem Berliner Künstler*innen dazu aufgerufen waren sich mit den Themen Natur und Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Von den insgesamt 22 Projekten werden an den Samstagen des Festivals jeweils unterschiedliche Parcours mit 8 Kurzchoreografien in Berliner Parks aufgeführt. Am zweiten Samstagt des Festivals sind wir im Rahmen des Kultursommerfestivals Berlin zu Gast im Stadtpark Lichtenberg.

Dies sagen die beteiligten Künstler*innen über ihre Arbeiten:

Kévin Bonono “Walk of abundance – A research into nothingness”

Diese Arbeit beschreibt durch choreografierte Bewegungen unsere Art zu konsumieren und den Drang dazu aus einem kritischen, aber optimistischen Blickwinkel heraus, was es bedeutet, Teil eines Ganzen zu sein. “Walk of Abundance” befasst sich mit Fragen der Umweltkrise und des Umweltverlustes, der spätkapitalistischen Expansion und dem Niedergang des empfindungsfähigen Lebens. Es geht von der Prämisse aus, dass jede politische Strategie oder Intervention, die sich nicht mit mehr als menschlichem Empfinden befasst, oberflächlich und unzureichend ist.

Choreografie & Performance Kévin Bonono
Musik Anthony De Bono & Julian Fernandez

Chōri Collective “Chōri picnic ~Summer Roll~”

Chōri (調理/조리) bedeutet sowohl auf Koreanisch als auch auf Japanisch Kochen. Unser Kollektiv will die Grenzen der nationalen Gymnastik (ラジオ体操-국민체조) überschreiten, die mit der Kolonialgeschichte Ostasiens verbunden ist. Wir laden das Publikum zu unserem Sommerpicknick mit Multispezies ein, um gemeinsam die Papierbühne glattzurollen.

*Alle Arten der Publikumsbeteiligung sind erwünscht.

Konzept, Bühne & Performance Chōri Collective

Anna Natt & Roni Katz “Sublime Slime”

langsam, schleimig und molluskisch
es ist Paarungszeit
ich folge deiner glitschigen Spur
wellenförmig in deinem Schleim
Du wirst es nicht einmal bemerken
ein Liebespfeil wurde in deine Richtung geschossen
Unverfrorene Schleimigkeit
lass uns eintauchen in die Tiefen des
gelatinösen Fleisches

Choreografie & Performance Anna Natt & Roni Katz
Outside Eye Maya Weinberg
Masken Moran Sanderovich

Claire Vivianne Sobottke, Sheena McGrandles, Abigail Sanders “Étude de Chasse”

“Étude de Chasse“ ist eine musikalisch-choreografische Auseinandersetzung mit der Geschichte der Jagd und den damit verbundenen Eroberungsphantasmen der Natur durch den Menschen. In “Étude de Chasse“ trifft ein Jäger auf ein Tier. Die Szene untersucht die dieser Beziehung inhärente Exotisierung des Tieres, sowie die Banalisierung und Heroisierung des Tötens.

Choreografie & Performance Claire Vivianne Sobottke, Sheena Mc Grandles
Musik Abigail Sanders (Französisches Horn)
Konzept Claire Vivianne Sobottke

"Étude de Chasse" ist eine Fortsetzung der laufenden Zusammenarbeit zwischen Sheena Mc Grandles und Claire Vivianne Sobottke über Langsamkeit und die langsame Geste, sowie eine Fortsetzung von Claires Arbeit "à mort", die 2023 in den Sophiensaelen Berlin, uraufgeführt wurde.

Michelle Félix & Gilberto Moreno “Passage”

Die Ursprünge des Hirschtanzes reichen weit in die Geschichte der Yoreme (Indigene Völker im Norden Mexikos) zurück, derer Weltanschauung aufgrund der Vermischung mit der katholischen Religion überliefert ist. Die Performance “Passage” nimmt Bezug auf den Verwandlungsprozess, wobei der*die Hirschtänzer*in zur Projektionsfläche des Verhältnisses zwischen Mensch und Natur wird.

Tanz & Recherche Michelle Félix
Musik Gilberto Moreno
Recherche gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Programm NEUSTART KULTUR, Hilfsprogramm DIS-TANZEN des Dachverband Tanz Deutschland

Melissa Figueiredo & Giuliana Corsi “Ephemeroptera”

Unter dem Schleier der Existenz
lebe ich die unsichtbare
Zeit
Licht zu fangen ist
zu berühren
was man nicht sieht
Das Leben ist unermesslich und flüchtig

Lass mich einfach brennen
Die hohe Welt ist fort
denn ich lebe
was du nicht sagst

Die Eintagsfliege ist ein Insekt mit einem Larvenstadium, das Monate bis Jahre dauert. Das einzige für den Menschen sichtbare Stadium ist das letzte als Insekt und dauert 24 Stunden. Das Duett “Ephemeroptera” reflektiert über die Vergänglichkeit und verbindet den Zyklus der Eintagsfliegen mit der menschlichen Beziehung zur Existenz, die Spuren hinterlässt, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Konzept & Performance Giuliana Corsi & Melissa Figueiredo
Musik Carla Boregas

Diana Alina Serbanescu & Perperúna “She brings the rain”

“She brings the rain” ist eine poetische Interpretation eines alten Rituals des Regenmachens. Păpăruda - auch Dodola, Peperuda, Perperúna oder Gogul genannt - ist ein magisches Ritual, das in Rumänien und anderen Ländern des Balkans noch immer zu finden ist. Das einer Göttin gewidmete und von jungen Frauen ausgeführte Ritual wird im Sommer, in Zeiten der Dürre, durchgeführt. Seine Symbolik verbindet die Potenz des weiblichen Körpers mit den Jahreszeiten, der Fruchtbarkeit des Landes und der Dauerhaftigkeit der menschlichen Gemeinschaft. Es basiert auf der Überzeugung, dass alles miteinander verbunden ist.

Neben seiner wörtlichen Funktion, den Regen herbeizurufen, ist dieses Ritual auch ein Symbol für Fruchtbarkeit, gute Gesundheit und Fülle im Leben. Es basiert auf dem heidnischen Glauben, dass die Göttin des Regens (Păpăruda) durch einen magischen Tanz, eine Gesangsbeschwörung und eine Abfolge von rituellen Handlungen, die gemeinsam mit der Gemeinschaft durchgeführt werden, beschworen werden kann. Während des Tanzes soll die Göttin den Körper einer jungen Frau annehmen und nicht nur Regen, sondern auch Segen und Wohlstand für das Land und die Gemeinschaft bringen, die dem Ritual beiwohnt und sich daran beteiligt.

Inmitten dieser ätherischen Darbietung taucht ein Hauch von Innovation und Avantgarde auf. Neuartige KI-basierte Musikinstrumente, die mit erlesener Kunstfertigkeit hergestellt werden, verflechten sich mit der rituellen Choreografie. Durch akustische performative Bewegungen entsteht eine fesselnde Synthese aus Tradition und technologischen Wundern, während Klangregen und Segen auf das Land und die Gemeinschaft niederprasselt.

Konzept & Choreografie Diana Alina Serbanescu & Perperúna, with contributions from: Pascal Staudt, Anni Blum, Ulrike Buck und Mika Satomi
Performer*innen Lorena Atrakzy, Dimitra Kandia, Angela Monaco, Saraï O’gara
Kodierung & Instrumentenentwicklung Pascal Staudt
Kostüm Anni Blum
Vasen aus Keramik Ulrike Buck
Wearable & Interaktionsdesign Mika Satomi
Produktionsassistenz Dimitri Cacouris

Sound & Wearable Design basierend auf einem ursprünglichen Prototyp, entwickelt für das Projekt Dancing at the Edge of the World, von Mika Satomi zusammen mit Johannes Helberger, Lugh O'Neill und dem REPLICA Team, im Rahmen einer Forschungsförderung von VolkswagenStiftung im Kontext KI und Gesellschaft der Zukunft.

Shelley Etkin “Gut Instincts”

Wie kann der Verdauungstrakt ein Portal sein, um mit dem Darm-Gehirn unserer sozial-ökologischen Körper in Verbindung zu treten? Durch den gemeinsamen Akt des Teetrinkens gehen wir eine vielschichtige Verbundenheit mit bestimmten lokalen Heilpflanzen ein. Wie könnten diese Pflanzen unsere Eingeweide dazu anregen, sich in Solidarität und Reziprozität zu bewegen?

Dank an Jared Gradinger als Gesprächspartner und an die Landschaften und die Pflanzenverbündeten, die in dieser Arbeit vertreten sind.