Anta Helena Recke

Die Kränkungen der Menschheit

Dauer: 70 Min.

Sprache: Deutsch 

Wer ist denn überhaupt die Menschheit? fragt Anta Helena Recke mit ihrer neuen Arbeit, einer Koproduktion mit dem HAU. Ausgehend von Sigmund Freuds Text “Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse” werden die von ihm diagnostizierten drei Kränkungen der Menschheit – die Erkenntnis, dass der Mensch nicht der Mittelpunkt des Universums ist, dass er vom Affen abstammt und dass er ein Unterbewusstsein hat, das er nicht steuern kann – um eine vierte Kränkung erweitert. Die Tatsache, dass die größte Illusion darin besteht, von einer Menschheit auszugehen, wird hartnäckig übersehen. Vielleicht, weil das eine der tiefgreifendsten Kränkungen des “menschlichen Egos” darstellen würde. Gerade das gegenwärtig zu beobachtende globale Wiedererstarken faschistischer Kräfte, Phänomene wie “Men’s Right Activism” und das selbstbewusste Auftreten von White-Supremacy-Gruppierungen zeigen, wie tiefgreifend die Illusion einer weißen männlichen Menschheit im weißen Körper verankert ist.

In Reckes “Die Kränkungen der Menschheit” legt sich ein Bild über das andere und lässt einen hybriden Raum zwischen Museum, Zoologischem Garten und Labor entstehen: eine Horde Affen, die die Bühne bevölkert; eine kleine Museumsgruppe auf einem Streifzug; eine große Gruppe von Menschen, die Muster in den Raum zeichnet. Der Abend führt uns an jene fragilen Momente, an denen eine Vorstellung von Welt durch eine andere abgelöst wird. Dabei geht es um das Zeigen, das Ordnen und den Wunsch zu verstehen. Es ist ein Stück über eine Gesellschaft, die von ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt wird.

Die Mitwirkenden aus Berlin sind: Ainoa Badji, Tâmera Bak, Claudia Basrawi, Hiyam Biary, Jen Dessin, Selen Ericok, Florence Eyok, Fennet Habte, Amie Jammeh, Ceyda Keskin, Shabnam Kohestani, Isabel Kwarteng-Acheampong, Yen Lee, Jie-Liang Lin, Melanie Lyn, Adele Medaa, Celina Mohamed, Auro Orso, Cintia Rangel Martins, Céline Rodrigues, Jucelene Santos Costa, Nima Sené, Gelareh Shahpar, Adyam Tesfamariam, Quynh Tran, Frederika Tsai, Awa Wassa und Yeliz Yigit.

Eingeladen zum Theatertreffen 2020. Das sagt die Jury:
Anta Helena Recke fügt den von Sigmund Freud festgehaltenen drei “Kränkungen der Menschheit” (1. Der Mensch stammt vom Affen ab; 2. Die Sonne ist der Mittelpunkt des Universums; 3. Der Mensch ist dem Unbewussen ausgeliefert) eine weitere hinzu: Der europäische, weiße Mann ist doch nicht der Inbegriff des Menschen. In ihrer White-Supremacy-Kritik stößt die Regisseurin beim Publikum eine Reflexion über den jeweils eigenen Blick und die damit verbundenen Dekodierungsmuster an. Schauplatz ist ein Kunstmuseum, in dem ein Gemälde zunächst nachgestellt und ein anderes Bild später von einer Besucher:innengruppe gemeinschaftlich diskutiert wird. Die weitgehend meditative Performance hinterfragt auf sublime Weise Betrachtungsnormen und damit Muster der Rezeption und Repräsentation. Recke touchiert postkoloniale Diskursfelder – von Restitution bis zum weißen Normdenken. Sie arbeitet hier mit ungewöhnlichen, energetischen Mitteln von Präsenz und Absenz.

 

Im Anschluss an die Vorstellung am 9.2.: Artist Talk mit Necati Öziri.
Necati Öziri ist seit 2017 Dramaturg des Theatertreffens und Leiter des Internationalen Forums. Er war von 2013 bis 2018 Teil der Dramaturgie des Maxim Gorki Theaters, davon zwei Jahre als künstlerischer Leiter des Studio Я. Er arbeitet auch als Autor. Sein Stück “GET DEUTSCH OR DIE TRYIN’” wurde eingeladen zum Heidelberger Stückemarkt 2018.

  • Team

    Inszenierung

    Anta Helena Recke

    Choreografie, Text, Performance

    Ariane Andereggen, Jean Chaize, Noah Donker, Kinan Hmeidan, Mario Lopes, Samuel Iatã da Silva Hölzl, Lara-Sophie Milagro, Benjamin Radjaipour, Vincent Redetzki, Sir Henry, Joana Tischkau, Else Tunemyr, Hayato Yamaguchi und weitere Mitwirkende aus Berlin

    Künstlerische Mitarbeit

    Anna Froelicher, Maxi Menja Lehmann

    Bühne

    Carlo Siegfried

    Kostüme

    Pola Kardum

    Musik

    Luca Mortellaro

    Lichtdesign

    Joscha Eckert

    Dramaturgie

    Valerie Göhring

    Recherche

    Marja Christians, Chiara Galesi

    Regieassistenz

    Lola Fonséque, Zouahad Hamzé

    Regieassistenz Berlin

    Chiara Galesi

    Produktionsleitung

    Johanna J. Thomas

    Produktionsleitung, Administration

    Olaf Nachtwey

    Technische Leitung Gastspiele

    Joscha Eckert

    Tourinspizienz

    Ben Mohai

    Bühnenbildassistenz

    Elena M. Stranghöner

    Kostümassistenz

    Nora Stocker

    Regie- und Kostümhospitanz

    Leonore Henning

    Gong

    Leon Frei

  • Credits

Weitere Informationen

Besuchshinweis

Produktion: Anta Helena Recke, Münchner Kammerspiele. Koproduktion: HAU Hebbel am Ufer, Kampnagel Hamburg, Künstlerhaus Mousonturm (Frankfurt). Gefördert durch: Kulturreferat der Landeshauptstadt München, Fonds Darstellende Künste.

Vergangene Termine

Spielorte

  • Online/Public Viewing
    Hallesches Ufer 32, 10963 Berlin
  • HAU2
    Hallesches Ufer 34, 10963 Berlin

    Zwei markierte Parkplätze vor dem Haus vorhanden. Barrierefreie Sanitäranlagen vorhanden. Es stehen vier Relaxed Seats in der ersten Reihe des HAU2 zur Verfügung. Auch Tickets für Rollstuhlfahrer*innen und Begleitpersonen sind über das Ticketingsystem buchbar. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an unser Ticketing- & Service-Team unter +49 (0)30 259004-27 oder per E-Mail an tickets@hebbel-am-ufer.de.