Tanzschreiber Review

Beatrix: Auf welche Weise hat das Stück deine Sinne angesprochen? Ich meine: Sehen, Hören, Schmecken, Riechen, Fühlen...

Alex: Wie passend, dass in “Velvet” als Wort schon diese sinnliche Dimension steckt! Ich saß in der ersten Reihe und konnte die Erde und die Pflanzen des Bühnenbildes riechen. Die Vorstellung, wir befänden uns in einem Urwald  - einem Urwald-Modell – wurde dadurch auch sinnlich greifbar. Ich würde noch weiter gehen und behaupten: es gab diese Momente, in denen Riechen und Fühlen ineinander übergegangen sind und ich die Erde, in die sich die Performerin hineinwirft, die sie durch ihre Finger rieseln lässt, buchstäblich greifen konnte…Was sich auch übertragen hat: das alarmierende Zittern ihres Körpers, das Fallen, das Sich-Hinwerfen, die entgleisten Gesichtszüge, die verdrehten Augen, der rotierende Nacken, wenn sie ihren Kopf immer wieder mit voller Wucht nach hinten wirft…                           

Beatrix: Welche Einfluss haben für dich die automatisch spielenden Trommeln  auf den Raum gehabt?

Alex: Tatsächlich hatten die Trommeln so einen Effekt von Verschiebung. Überhaupt gab es immer wieder Brüche, die gegen das Bild von “Natur” oder “Wildness” unterbrochen haben. Die Idee von der “Frau als Naturwesen” hat sich für mich über die Trommeln in eine (Zirkus?)-Manege verschoben und ich konnte mich hier an allem festhalten, was nicht ins Bild gepasst hat oder den Archetypen “die Frau als Hexe” / “Tier” / “Höhlenwesen” / “Verrückte” auch etwas Ironisches verliehen hat: der Gartenzwerg-Fuchs, die Amazonas-Pappkulisse am hinteren Ende der Bühne, der Gartensprenger…!

Beatrix: Hat die Performerin als Frauen/Tier-Figur auch mit dem Publikum interagiert und wie?

Alex: Ein Schlüsselmoment war für mich, als die Performern sich selbst in „Affenfrau"-Manier auf das Publikum losgelassen hat, indem sie durch die Reihen gegangen ist und Einzelne dazu aufgefordert hat, sich zu ihr (als das “fremde” oder “sprachlose” Wesen) zu verhalten. Darin hat sie den vorher provozierten voyeuristischen Blick auf eine humorvolle Weise umgedreht. Ich mochte die kleinen Grenzüberschreitungen dieser Figur ganz gern: der Journalistin das Notizbuch klauen, Leute mit Pflanzenteilen vom Bühnenbild anstupsen...