nora chipaumire kehrt mit ihrem jüngsten Stück „#PUNK 100% POP N!GGA“ zurück zu Tanz im August. Provokativ, voller Freude und Herausforderung bringt dieses dreiteilige Live-Performance-Album sowohl die Performer*innen als auch das Publikum an seine Grenzen.
Interview: David Pallant
Wie verstehst du die Rolle des Publikums in diesem Stück?
Im Grunde sind die Zuschauendendas Stück! Sie machen zunächst alle den gleichen Fehler: Sie denken, dass wir das Stück sind, während sie aber – ohne es zu wissen – ihre eigene Rolle in seinem Verlauf einnehmen, was ich großartig finde. Sie umgeben uns, schauen einander an und fragen sich, ob sie in der Lage sind, eine gemeinschaftliche Entscheidung zu treffen. Sollten sie weglaufen? Oder lieber bleiben? Sollten sie unseren Anweisungen folgen, oder sich ihnen widersetzen? Für mich ist das Publikum Autor*in des sie umgebenden Raums, sie choreographieren seine Politik durch ihre Solidarität, ihre Komplizenschaft oder auch ihre offene Verweigerung. Der Performanceraum gleicht dabei einem Wahlkreis und das Publikum muss wählen, um sich so für das Eine oder Andere zu entscheiden.
Gab es schon Reaktionen des Publikums, bei der du dachtest: „Ja, genau darum geht es hier“?
Das passiert dauernd – im Guten wie im Schlechten! Manchmal passt es genau und das Publikum verhält sich komplett solidarisch mit der Ideologie des Stücks. Aber auch wenn das Gegenteil der Fall ist, sollte es genau so sein. Wir müssen nicht alle der gleichen Meinung sein und doch teilen wir uns denselben Raum, sodass wir es auch zusammen wiedergutmachen müssen. Die Möglichkeit, sich in angenehmer Distanz zurückzuhalten, existiert hier nicht. Die Handlung entwickelt sich genau hier vor deinen Augen und du bist zwangsläufig ein Teil davon. So sieht gelebte Politik aus.