Ich treffe deufert&plischke in ihrer gemeinsamen Wohnung. Wohl kein Zufall, dass hier eine hinter Glas gerahmte Vogelspinne an der Wand thront: Arachne, mythologische Figur der Webkunst und Heldin des Erzählens. In „Liebestod“ verweben sich Liebesgeschichten zu Musik und Tanz.

Interview: Alexandra Hennig

Das Textmaterial zum Stück stammt aus persönlichen Geschichten. Wie seid ihr da vorgegangen?

Wir haben insgesamt 9 offene Workshops in Berlin und Dresden veranstaltet, an denen sehr unterschiedliche Menschen teilgenommen haben - verschiedene Altersstufen, Hintergründe oder Begehren. Besonders interessiert haben uns sog. „Love-Fuck-Ups“, gescheiterte Beziehungen, in denen man nicht Opfer war, sondern selbst etwas aktiv verunmöglicht hat. Beim ersten Mal kamen junge Leute zusammen, die gerade ganz neu in der Stadt waren - voller Hoffnung, dass in Berlin „alles möglich“ sei. Auch haben wir eine „Liebesgruppe“ in einem Altenheim im Wedding ins Leben gerufen. Wir haben über diese Zeit viel Offenheit und Vertrauen erfahren. Teilweise konnten die Teilnehmer*innen über Dinge sprechen, die sie nicht einmal der besten Freundin erzählt hatten. Für uns war es wichtig, immer wieder Stille zuzulassen, aber auch Humor und Leichtigkeit mit reinzubringen.

deufert&plischke
Liebestod

28.–31.8. | SOPHIENSÆLE
Uraufführung

Wie werden diese Geschichten auf der Bühne verhandelt?

Die Zuschauer*innen erwartet seit langem wieder eine „klassische“ Aufführungssituation. Aus einem Pool von ca. 80 Geschichten haben wir 11- 15 herausgefiltert, anhand derer die Musiker*innen Rasha Nahas und Alain Franco Songs komponiert haben. Gemeinsam mit den Tänzer*innen Martin Hansen, Roni Katz, Kareth Schaffer, Shade Theret und Anna Posch wurden dazu Soli, Duette, Trios und Gruppenszenen erarbeitet. Uns war wichtig, nahe an den Geschichten dranzubleiben.

Wie verhalten sich diese Geschichten zu „großen“ dramatischen Erzählungen?

Der Titel „Liebestod“ verweist ja auf Tristan und Isolde. Wir haben uns jedoch bewusst entschieden, die „großen Fiktionen“ außen vor lassen, um viel eher nach ihren Spuren im Alltäglichen, im Kleinen zu suchen - wie wir sagen „die Mythen auf der Straße zu finden“. Diese haben mit den heroischen Erzählungen kaum mehr etwas gemein, obwohl Motive wie Hass, Ekel, Krieg auch hier auftauchen.

Was bedeutet diese Arbeit für euch als Paar und Artisttwin?

Es ist tatsächlich unsere emotionalste Arbeit bisher. Auch als Entscheidung, ein physisches Bühnenstück zu machen, bei dem man sich mitunter weniger hinter einer konzeptuellen Abstraktion verstecken kann. Der Zusammenhang zwischen Kunst und Liebe ist uns, auch wenn der vorher immer schon da war, vielleicht nochmal bewusster geworden. Es heißt immer „let’s talk about sex“, aber vielleicht ist es jetzt auch mal an der Zeit für „let’s talk about love“.


Dieses Interview ist Teil einer Interview-Serie in Zusammenarbeit mit den Tanzschreibern, Berlins Portal für Tanzrezensionen. Weitere Interview und Reviews von den Tanzschreibern folgen bald an dieser Stelle im Online Magazin von Tanz im August und unter www.tanzschreiber.de